Warum Selbstliebe ein Akt von Feminismus ist
Heute ist der Internationale Tag der Frau. Zeit für einen Post über Frauenkörper, Brandstifter, Binge-Eating und warum Selbstliebe ein Akt von Feminismus ist.
Seit Köln ist der europäische Frauenkörper wieder topaktuell. Frauenkörper, wohin man schaut. Im Doppelpack kommt der Frauenkörper mit DER Gefahr. Und diese Gefahr ist alles andere als unspezifisch. Sie hat sogar, dank medialer Panikmache, ein ziemlich klares Gesicht bekommen: die Gefahr ist eher arabisch, mal mit, mal ohne Bart, jung, sportlich, auf jeden Fall von weiter weg, ein bißchen kriegsgestört und auf einmal da und überall und kaum zu stoppen. So will man es uns Glauben machen.
Frauenkörper
Der Diskurs um den Körper der Frau ist so präsent, wie lange nicht. (Hier soll es nicht darum gehen, Vorkommnisse wie Köln und Co zu legitmieren oder kleinzureden. Vielmehr geht es darum, in welcher Weise auch in Europa! der Körper der Frau genutzt wird, um sich selbst, seine eigne ‚indigene‘ Gruppe zu erhöhen und abzugrenzen, vor dem Anderen, dem Dunklen, dem ‚Wilden‘.)
Heute sind es die ‚wilden Syrer‘, die ohne Benehmen und lüstern durch die Städte streifen und Frauen belästigen. Ihr Glaube, der Islam – Feindbild Nummer Eins – sei Ihre Legitimation. Vor wenigen Jahren wurden ähnliche Feindbilder konstruiert. Frauen wurden zu Reproduktionsmaschinen reduziert – und auch was reproduziert werden sollte, war keineswegs mehr ‚Frauensache‘. Mal war es ‚der Schwarze Mann‘, dann der ‚Verkappte Jude‘ der die ‚weissen Frauen‘ zu verunreinigen drohte.

Auch in Indien wurden innerhalb der kraftvollen Unabhängigkeitsbewegung heftige Diskurse anhand der Reinheit und Unberührtheit indischer Frauen geführt. Uralte Konzepte von Keuschheit und Sittsamkeit der Frau wurden reaktiviert, um ihre Körper zu kontrollieren und ihr strahlendes Bild als Aushängeschild für die eigene männliche Stärke und Überlegenheit zu nutzen. Mühevolle Emanzipationsarbeit wurde so in bestimmten gesellschaftlichen Schichten zunichte gemacht.
Der Körper der Frau als Besitz von und ihre Unversehrtheit als Garant für eine starke maskuline Gesellschaft, die sich durch die ‚Reinheit‘ der Frau aufwertet.
Das Recht auf Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung der Frau wird überall auf der Welt missbraucht. Hier in Deutschland dient es aktuell sogar als Legitimation für Brandstifterei. Und wer nicht selbst zündelt, der fungiert als Biedermann, als jener, der mit falscher Loyalität und wider alle Menschlichkeit die Zündhölzer verteilt.
Frauenbilder
Wir, ja auch wir westeuropäischen Frauen laufen herum in marginalisierten Körpern, von uns und unserer intuitiven Kraft entfremdet durch die Bilder, denen wir nacheifern. Bilder, die wir erfüllen wollen oder müssen. Auch ‚wir modernen, emanzipierten Frauen‘ werden in diesen Diskursen benutzt, mit unseren Körpern werden rassistische Kampagnen angefeuert, mit unseren Körpern werden Millionen verdient. Und statt Zusammenschluss stehen wir in Konkurrenz. Um weniger Falten, mehr Erfolg im Beruf und nebenbei locker zwei Kinder großziehen, dabei immer vital und voll auf der Höhe! Andauernde Transformation! Optimierung auf allen Ebenen.

In den Beratungen treffe ich immer wieder Frauen mit Essstörungen. In meinem Alter vorwiegend Binge-EaterInnen. Also Frauen, die sich in der Öffentlichkeit meist sehr bewußt und kontrolliert ernähren und die dann, in Stresssituationen oder Aufgrund emotionaler Leere und hohem Leistungsdruck ‚bingen‘, d.h., sich vollstopfen mit Lebensmitteln, die sie sich sonst verbieten – meistens ohne sich danach zu übergeben.
Klar kann man Sagen: vielleicht schwierige Kindheit, mangelnde Elternliebe und so weiter. Ich halte die meisten dieser Ernährungsbedingten Krankheiten für einen Spiegel unserer Gesellschaft. Für ein Abbild dessen, wie Frauenkörper in den Medien, in Werbung, Kosmetik-Industrie und in der Politik verhandelt werden.
Nur Luxusprobleme? Eine von vielen gelebte Realität.
„Einer der ersten großen Verkünder der sozialistischen Ideale, der Franzose Charles Fourier, hat vor hundert Jahren die denkwürdigen Worte geschrieben: In jeder Gesellschaft ist der Grad der weiblichen Emanzipation (Freiheit) das natürliche Maß der allgemeinen Emanzipation.“ Rosa Luxemburg (1870 – 1919)
Der Film Suffragette hat gezeigt, wie jung die Emanzipation von uns Frauen in Europa ist. Die Schweiz hat zum Beispiel erst 1971 das Wahlrecht für Frauen eingeführt. Der Film Suffragette hat mich mit Demut und Dankbarkeit erfüllt, den Frauen vorangegangener Generationen gegenüber, unser aller Müttern in lila Latzhosen gegenüber, die mit ihrem Mut und ihrem Selbstbewußtsein unglaubliches geschaffen haben. Sie haben das Fundament für unsere jetztige Freiheit gelegt, lassen wir sie uns nicht nehmen durch AfD, Lóreal und Co.
Lasst uns unsere Körper zurückerobern. Lasst uns uns selbst und unsere Körper akzeptieren und lieben. Radikale Selbstliebe ist der erste Akt zu einem emanzipierten, feministischen Bewußtsein. Selbstliebe spiegelt sich dann auch in der Wahl unserer Kleidung, in der Wahl der Angst, die wir uns anziehen, in der Wahl unserer Speisen.
Selbstliebe spiegelt sich in der Wahl unserer geistigen und emotionalen Solidarisierung!
Unsere Aufgabe ist Liebe

„We are reinforcing our own sense of separateness (…) and we are constantly locking doors to ‚protect‘ something (…) you are turning off the life’s juice (…)“ (Ram Dass)
Haben wir keine Scham und keine Angst, denn beide machen aus uns kleine, sittsame Wesen, die nur auf das ‚Überdauern’ausgerichtet sind.
Was wir brauchen ist Vereinigung. Freundschaft statt Eifersucht und Neid. Verbündung statt Konkurrenz. Die Vereinigung von uns Frauen untereinander – mit all den Frauen, die in weniger guten Startbedingungen stecken. Seien wir solidarisch mit den Frauen, welche den gefährlichen Weg über das Meer gekommen sind, um sich und auch ihren Kindern das nackte Leben zu retten. Mit den Frauen, die ihre Kopftücher als Akt der Rebellion etwas weiter nach hinten schieben und ihr Haupthaar zeigen wollen, sowie mit denen, die ihre Tücher voller Stolz tragen, mit denen, die ihre Töchter trotz gesellschaftlichen Druck nicht beschneiden lassen oder sie einfach nur am Leben halten wollen, ‚obwohl‘ sie Frauen sind…
Wir gemeinsam stehen für die Liebe, die transformative Kraft sein kann. Für eine Welt, in der noch stärkere Frauen noch mehr mit sich selbst verbunden sein können und aus dieser Verbundenheit heraus mit Authenzität, Glaubwürdigkeit und eigener Kraft diesen Diskursen gegenüberstehen. Seien wir viele und lieben wir uns selbst!
Shakta-Food
Und ja, es geht auch um’s Essen. Denn wie wir essen, so lieben wir uns. Wie wir uns nähren, so können wir zärtlich und fürsorglich mit uns selbst und anderen sein.
Für Euch wunderbare Frauen ein Shakta-Rezept, das Dank Aprikose, Muskat und Mandel voller aphrodisierender Wirkung steckt. (Zur Shakti, der weiblichen Kraft im Hinduismus habe ich letzte Woche im Shiva-Post geschrieben.) Unglaublich lecker und macht sich fast von selbst!
Herzlichen Glückwunsch zum Internationalen Tag der Frau!
Aprikosen-Aphrodite-Creme
2-4 Portionen/ vegan/ nach Kerstin Rosenberg
Du brauchst

100 g getrocknete süße Aprikosen
50 g Mandeln, geschält
1 EL Dattelsüße
1 Prise Muskat
1 Prise Kardamom
1 Prise Shunti, getrockneter Ingwer
etwas Granatapfelkerne
geröstete Mandelkerne
Und so geht´s
Aprikosen und Mandeln für 6 Stunden in warmem Wasser einweichen, so dass beide gerade bedeckt sind. Dann alle Gewürze und die Dattelsüße dazugeben und pürrieren, so dass eine feste Creme entsteht. Creme in Schälchen verteilen, mit Granatapfelkernen und gerösteten Mandelsplittern garnieren.
Bist Du schwanger? Dann benutze bitte weder Muskat noch Shunti.
Bon appetit!

Ich danke Euch wunderbaren Frauen, die ihr mich in meinem Leben begleitet. Ihr Frauen, die ihr stark und zerbrechlich in einem sein könnt. Ihr Frauen, mit denen ich zusammen stolpern und wieder aufstehen kann. Ihr, mit denen ich den Weg aus dunklen Berliner Clubs zur Mutter, zur Iyengar-Schülerin, zur Köchin und Ayurveda-Praktikerin gegangen bin. Auf viele weitere phantastische, verbundene, reinigende Jahre des Lebens, Genießens und Lernens.
Thank you for teaching me. ♥ Ju
Wenn Essen ein schwieriges Thema für Dich ist, dann empfehle ich Dir „Women, Food and God“ von Geneen Roth – oder Du buchst bei mir eine Ernährungsbegleitung nach ganzheitlichen ayurvedischen Prinzipien.