Warum Fühlen Resilienz und Immunkraft stärkt
In meiner Familie bin ich seit jeher, die, die „empfindlich“ ist. Also die, die in der Bahn zu weinen anfängt, weil sie sich ungerecht behandelt fühlt und die seit Kindheit Bauchschmerzen hatte, psychosomatische Herzbeschwerden und so weiter … bis hin zur Migräne.
„Zu empfindlich“ sind – wenn wir diese althergebrachte Kathegorie noch einmal bemühen wollen – nahezu alle Frauen, die ich kenne. Schon als kleine Mädchen haben wir gelernt, dass es nicht erwünscht ist, so viel zu spüren. Große Gefühle, das hatten eben nur die Erwachsenen. Viel zu spüren war „zu viel“ und echt lästig – für die anderen.
So lernen wir, im Aussen zu sein. Nicht verbunden mit unseren Emotionen und mit unseren Bedürfnissen.
Doch was macht uns Menschen aus? Wenn wir weglaufen, uns taub machen oder Techniken zum „Bypassing“ benutzen, werden wir dann unserer Aufgabe und dem Geschenk unseres Lebens wirklich bewußt?
Viele von uns sind durch Krisen und Dunkel gegangen, um wieder ins Fühlen zu kommen. Der Weg zum Fühlen ist nicht leicht und das Fühlen an sich oft auch nicht. Viel zu spüren kann hinderlich sein, zum Beispiel wenn du eine steile Karriere hinlegen möchtest. Spätestens mit Ende Dreizig holt dich dann deine Empfindsamkeit ein und zwingt dich in die Knie. Dann bestimmen Körper und Seele dein Tempo und nicht mehr der Wille allein.
Was ist YIN?
YIN steht für das passive, dunkle, weibliche Prinzip. Im Taoismus ist YANG die Sonne und YIN die Erde.
In der Ayurveda verstehen wir YIN als die Elemente Wasser und Erde. Beide stehen für Kühle, Stabilität, Erhalt, Fruchtbarkeit und Nahrung. Alles Eigenschaften, die mit der Shakti, der Urweiblichen Kraft, in Verbindung gebracht werden. Und mit dem Vollmond, der in der vedischen Tradition weiblich ist.
Hormonell betrachtet, ist Östrogen – im ausgewogenen Zustand – ein YIN-Hormon. Inbegriff von Fruchtbarkeit und Substanz. Gegenteilig zum YIN wirkt das Hormon Cortisol.
Wir brauchen Cortisol, um in die Aktion zu kommen und unsere Ziele zu verwirklichen. Zu viel Cortisol jedoch – sprich dauerhafte Anspannung – raubt dem Körper Ressourcen. Es gilt, je höher Cortisol oder YANG ist, um so schwerer fällt es uns, in den Zustand von YIN zurückzukehren und zu entspannen. Dies kann unter anderem Erschöpfung zur Folge haben.
YIN ist gleichbedeutend mit der Qualität des Empfangens. Dies bedeutet nicht, dass wir uns zurücklehnen und alles über uns ergehen lassen sollen. Vielmehr bedeutet es, uns in unserer Erfahrung zu empfangen, dem Gespürten Raum und Zeit zu geben, ohne „darin zu versinken“. In diesem – irgendwie flüssigen – Raum kann sich tiefe Selbstliebe entfalten und manifestieren. (Hierbei ist keine innere Konfrontation mit Traumata gemeint.)
Eine Selbstliebe, die uns motiviert, für uns selbst und für andere klar und gesund zu sorgen.
Wenn YIN bedeutet, Raum zu haben, für innere Erfahrung, für Nachspüren, für Verweilen, dann wird klar, dass YIN Samen der Heilung in sich trägt, die wir kultivieren und pflegen dürfen.
Wie du YIN in dir nähren kannst
In unserer leistungsorientierten und stark linear geprägten Gesellschaft, sind Momente von YIN wenig vorhanden. Vor allem Frauen brauchen YIN-Zeiten, da ihr Körper rein biologisch mehr Zeit braucht, um Cortisol abzubauen, als der Körper eines Mannes.
Zum Glück gibt es verschiedene Praktiken, wie du YIN in dir stärken kannst.
In der Ayurveda-Ernährung gelten vor allen Dingen süß schmeckende Gemüsesorten und gereifte Obstsorten und flüssige, warme Speisen als YIN-Nahrung.
Bezüglich Heilkräutern unterstützen zum Beispiel Bryophillium, welches in der Anthroprosophie gerne verwendet wird, Sassaparilla und Shatavari Körper und der Seele durch ihre YIN-Aspekte.

Weiterhin schenken uns Rituale und Routinen, Spazierengehen am Wasser, Meditationen und Atemübungen, wie zum Beispiel Nadi Shodhana, Weichheit und Kraft zugleich.
Aktuell nutze ich gerne einen Yogi-Kopfverband, um meine Sinne nach Innen zu lenken, hier zu lauschen und weniger „offen“ zu sein, zum Beispiel für Angstwellen, die nicht meine sind.
Videoanleitung, um dein YIN zu nähren
In diesem Video zeige ich dir vier einfache Atemübungen, mit denen du YIN-Qualitäten einladen kannst.
vimeo.com/rollingtiger
YIN ermöglicht uns, mehr Ruhe und Klarheit zu erfahren. Wir können unsere Bedürfnisse und die anderer Lebenwesen viel besser erspüren. Die innere Ausgeglichenheit stärkt unsere emotionale Widerstandsfähigkeit – die Resilienz und auch unser Immunsystem, weil dadurch Stress abgebaut werden kann.
Das feine Fühlen wird hier zur Qualität, als Moment, der unbedingte Selbstsorge gebiert.
Wenn ich aus meinem momentanen YIN-Modus wieder mehr in der Mitte – Richtung YANG – ankomme, schreibe ich mehr zu meinen momentanen Lieblingsthemen. Den Verbindungen von Mitgefühl, YIN und innerer Klarheit.
Every emotion has it’s own intelligence.
Tara Brach
Bis dahin wünsche ich dir ruhige und stärkende Ostertage und vor allem Gesundheit.
Love, Julia